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Burg Haus Murach nach 1800

In Bayern erfolgte zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine umfassende Verwaltungsreform. Neben anderen wurde in Jahr 1802 eine neue Behörde geschaffen, das Landgericht, als untere Verwaltungsbehörde. Das bedeutete das Ende des bis dahin bestehenden Pflegamtes Murach. Der letzte Pflegskommissar Wenzel Schedl von Greiffenstein, der bereits 1798 ein Obermuracher Wohnhaus außerhalb der Burg erworben hatte verkaufte dieses im Herbst 1803 an den vormaligen Gerichtsdiener Joseph Heldwein um 2300 Gulden, ebenso veräußerte er zahlreiche Grundstücke und reichte im Oktober 1803 seinen Abschied ein. Innerhalb der Burg war v. Greiffenstein noch im Jahr 1804 im Besitz von zwei Ökonomiegebäuden – einer Wagenremise und eines Heuschuppen – die er von seinem Amtsvorgänger käuflich erworben hatte und für die er in seiner Dienstresignation eine Entschädigung beantragte.

Die Burg mit sämtlichen Gebäuden sowie das Amtshaus waren somit entbehrlich geworden und die churfürstliche Oberpfälzische Landesdirektion veranlasste 1804 den damaligen Landeskommisär G.M. v. Zehntner in Waldmünchen zu einer Stellungnahme, um über die weitere Verwendung der Gebäude eine Entscheidung treffen zu können.  Dieser verdanken wir eine ausführliche Beschreibung der Gebäude. Demnach standen zu diesem Zeitpunkt in der Burg:

  1. das Schlossgebäude mit 7 teils großen, teils kleinen heizbaren Zimmern, 2 Kämmerln, 4 Gewölben, 1 Ehehalten Stube und 1 Kuchl
  2. das Kastengebäude, zwar klein, jedoch sehr hoch und mit 4 Böden versehen
  3. die Ökonomie-Gebäude bestehend aus 3 Stallungen, 1 kleiner Stadel, 1 Holzschupfen, 1 Hennenstübl, 1 Schupfen, in welchen sich die Schweineställe befanden, 1 Heuschüpfl, 1 Wagenremise, die v. Ehrnlechner (der Amtsvorgänger) erbaute und dem v. Schedl käuflich überlies.
  4. die Schlosskapelle, in welchen vorher alle Monate eine Messe, am Nikolaustag und Kirchweih ein Amt mit Predigt gehalten worden ist, ohne dass aber diese Verrichtungen durch eine Fundation bestimmt waren.

Der Amtskasten, die Schlosskapelle und das Schloss waren mit Ziegeltaschen, alle übrige Schloss- und Ökonomiegebäude mit Schindeln eingedeckt.

Das Amtshaus, welches vorderhalb des Schlosses hingegen situiert war enthielt 2 Zimmer und 2 Kammern und war mit Taschen eingedeckt. Dass es sich hierbei um das ehemalige Arresthaus handelt geht aus einer Bemerkung von Georg Hager hervor, der in seiner Beschreibung der Kunstdenkmäler im Bezirksamt Oberviechtach 1906 vermerkt: „Bevor man zum Torrest gelangt, passiert man die Ruine des ehem. Gefängnisses, rechts am Wege.“ An dieser Stelle steht heute das Dorfgemeinschaftshaus.

Aus einer Stellungnahme wegen „Setzen eines Wetterableiters“ aus dem Jahr 1785 sind uns auch Maße und Lage der Gebäude überliefert. Demnach waren da:

  1. ein sehr hoher Turm, sog. Feuerturm, 100 Schuh hoch, die Mauer 12 Schuh dick, ohne Dach und nicht besteigbar
  2. gegen Süden davon die Kapelle mit einem Kirchentürml
  3. neben dem Feuerturm der Amtskasten, 40 Schuh lang und 30 Schuh breit, mit Ziegeln bedeckt
  4. 8 Schuh vom Amtskasten entfernt gegen Norden das Schlossgebäude, 105 Schuh lang und 38 Schuh breit

An das Schlossgebäude angebaut waren

  1. auf einer Seite der Stadel, auf der anderen die Registratur mit der Schreibstube
  2. standen in der Runde herum die Ökonomiegebäude

Zehntner hielt es für unzweckmäßig und auch aussichtslos, die Anlage zu verkaufen, da der Unterhalt dieser Gebäude zu kostspielig sei und außerdem keine Wasserversorgung vorhanden war. Der Pflegskommissar Ehrnlechner berichtete von einer verschütteten Zisterne. Das benötigte Wasser musste täglich mit einem Ochsengespann aus dem Dorfbrunnen geholt werden. Ehrnlechner ließ zwar etwa um 1785 eine erste Wasserleitung vom Kätzlesberg herunter bauen, diese war jedoch schon bei Auflösung des Pflegamtes zwei Jahrzehnte später unbrauchbar geworden.  Zehntner schlug vor, die Gebäude einschließlich der Kapelle zu demolieren und die Steine zum Gebrauch als Baumaterial zu veräußern. Lediglich das Amtshaus, das sich noch in gutem baulichen Zustand befand hielt er für erhaltenswert.

Entgegen seinem Gutachten entschloss sich die zuständige Behörde dennoch, die Gebäude zu veräußern. Im Oberpfälzischen Regierungsblatt 1805 war zu lesen:

„Das churfürstliche General-Landeskommissariat (..) geruht zu befehlen, dass

  1. das churfürstliche Schloss zu Obermurach samt Nebengebäuden und
  2. die Gerichtsdienerswohnung (Anm: = Amtshaus) alldort mit einem Nebengebäude

im Wege der öffentlichen Versteigerung (..) veräußert werden solle. Wer nun diese Gebäude käuflich an sich zu bringen Lust trägt, der mag bevor dieselbe in Augenschein nehmen, die Bedingnisse anhören und seine Angebote Mittwoch den 6ten Februar 1805 dem hiesig churfürstlichen Rentamte (Neunburg v.W.) zu Protokoll einlegen.“

Den Zuschlag erhielt Georg Urban, Posthalter zu Neunburg v. W. Bereits kurze Zeit später begann dieser, die einzelnen Gebäude auf dem Burggelände zu verkaufen. Im einem Briefprotokoll ist unter dem 28. Dezember 1807 zu lesen: „verkauft Georg Urban Posthalter zu Neunburg von dem an sich gekauften Schloss zu Haus Murach das Zimmer Nro 2 samt Stallerl an Blasi Ruml, Stricker daselbst um 180 Gulden.“ Die Räume des ehemaligen Pflegschloss wurden einzeln an verschiedene Personen veräußert, meist mit einem kleinen Nebengebäude und einem sog. Ödplatz. Im Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Obermurach von 1839 sind allein für das Pflegschloss fünf Besitzer eingetragen. Auch die Wirtschaftsgebäude wie die Wagenremise, das Hennenstübl und eine ehemalige Gesindeunterkunft wurden veräußert, ebenso das „Schreibzimmer mit dem oberen Gewölbe“ (=Amtshaus?) welches aber - wohl aufgrund seines besseren Bauzustandes - 300 Gulden erlöste.

Ein eigenes Schicksal erlebte die ehemalige Burgkapelle St. Nikolaus. Sie war gemäß einer Baubeschreibung der kgl. Bauinspektion Weiden von 1844 „im Durchschnitt 47 Fuß lang, 40 Fuß breit und 25 Fuß hoch.“ Aufgrund der beabsichtigten Veräußerung der Burg richteten die Behörden 1807 an den Oberviechtacher Pfarrer Dr. Härtl die Anfrage, ob diese nicht als entbehrlich demoliert werden könne und wohin das noch vorhandene Stiftungsvermögen (4.169 Gulden!) transferiert werden solle. Pfarrer Dr. Härtl erklärte, die Kapelle würde schon immer beträchtliche Reparaturkosten erfordern. Die Gottesdienste könnten in der Pfarrkirche besser gehalten werden und die Kirche sei deshalb entbehrlich. Ihr Vermögen in Baumaterial, Inventar und Kapitalien ließe sich am sinnvollsten zum Bau einer neuen Schule in Oberviechtach verwenden, eventuell könnte durch verbleibenden Überschuss der Neubau der abgebrannten Pfarrkirche finanziert werden. Im Häuser- und Rustikalsteuerkataster 1811 wird ein Johann Zeitler, Musikant aus Stamsried, als Besitzer der „Schlosskapelle zu Haus Murach, welche in ein Wohngebäude umgeändert wird“ vermerkt. Laut einem Bericht des Bezirksamtes Oberviechtach aus den Jahren 1903/1904 war die Kapelle bereits 1832 bis auf die Grundmauern abgetragen. 1844 verkaufte Zeitler die Ruine an den Staat. Als letztes Relikt soll die Glocke der Nikolaus-Kapelle sich heute im Turm der Pfarrkirche als Totenglocke befinden.

Der Bergfried war im Besitz des Landes Bayern geblieben. Der Gemeindevorsteher von Obermurach Sebastian Lindl erhielt ab 1832 vom Königl. Landgericht Neunburg den Auftrag, darüber zu wachen, dass der Turm als Staatseigentum zu betrachten sei und sich niemand unbefugterweise daran zu schaffen mache. Auch wurde der Vorschlag unterbreitet, den Amtskasten und die Reste der Schlosskapelle in dem damaligen Stand zu erhalten „weil der 80 Fuß hohe Turm ohne diese Gebäude zu nackt erscheine“. 1841 wurde vom neugeschaffenen Landgericht Oberviechtach erneut eine Stellungnahme zur Beschaffenheit und Verwendung der noch dem Staat verbliebenen Gebäudekomplexe angefordert. In dieser forderte der dortige Landrichter v. Nagl, den Turm, den Getreidekasten und die Kapelle zu erhalten und zu reparieren. Die restlichen Gebäude innerhalb der Burg könnten um ca. 2500 Gulden erworben werden, so dass der gesamte Komplex wieder dem Staat unterstehen würde. Mit einem weiteren Aufwand von 5000 Gulden, so sein Vorschlag, könnte man die Gebäudlichkeiten so herstellen, dass man daraus ein Arbeitshaus, ein allgemeines Kranken- und Irrenhaus bekommen würde. Zu dieser Zeit war Oberviechtach noch ohne Krankenhaus, lediglich ein Raum im dortigen Armenhaus konnte zur Unterbringung Kranker benutzt werden. Die Anregungen v. Nagls hatten jedoch keinen Erfolg.

Bei einer Augenscheinnahme der Burg durch einen Beamten der Bezirks-Bauinspektion Weiden und dem Amtsrichter Nagl erklärte dieser auswärtige Beamte, wenn auch dieser alten Ruine sonst keine Merkwürdigkeit anklebe sei dennoch die Aussicht, welche man dort genieße für Naturfreunde von großer Anziehungskraft. Er schlug vor, Kapelle, Turm und Getreidekasten für rund 2.800 Gulden zu reparieren und zu überdachen und so vor weiterem Verfall zu bewahren. Die Eigentümer des Getreidekastens verzichteten auf ihr Eigentumsrecht, so dass sich ab 1844 diese Gebäude wieder in Staatsbesitz befanden. Die veranschlagten Mittel zur Reparatur wurden allerdings von der zuständigen Behörde auf weniger als die Hälfte gekürzt. Das hatte zur Folge, dass nur der Turm mit einem Ein- und Aufgang, einer Plattform und Gemäuerbedeckung versehen werden konnte. Die restlichen Gebäude verfielen zusehends. 1855 wurde angeblich auf königlichen Befehl eine Tafel am Turm mit der bis dahin bekannten Historie der Burg angebracht.

Im Jahr 1846 wurde auf den Plan-Nummern 25 und 26, die als „Ödplatz“ bezeichnet waren ein weiteres Wohnhaus errichtet, welches von der Familie Boier, später Reitinger, bewohnt wurde. Georg Boier hatte nach eigenen Angaben ca. ab 1880 das Amt des Burgwartes versehen.

Das Haus Nr. 30a auf Plan-Nr. 37 brannte 1891 ab. Der Hausbesitzer Michael Meier, Häusler und Weber, soll das Feuer am 5. Oktober nachts zwischen 11 und 2 Uhr selbst gelegt haben, um die Brandversicherungsumme i. H. v. 1.040 Mark zu kassieren. 1894 erstellte das Bezirksamt Neunburg einen Plan zur Abtragung des Gewölbes in diesem Haus zwecks Wohnhausneubau. Dazu kam es aber nicht. Meier wurde zu 2 ½ Jahren Zuchthaus verurteilt. Auf dem Anwesen war noch ein Unterschlupfrecht für einen Sohn des Vorbesitzers Ringlbauer eingetragen. Dieser Georg Ringlbauer zog als Drehorgelspieler durch die Lande und wurde bei Abholung seines Wander-Gewerbescheines aufgefordert, die Hypothek löschen zu lassen „da das Gebäude doch nicht wieder erbaut wird“. Wie prekär die soziale  Situation der Burgbewohner war zeigt eine Anzeige des königlichen Landgerichts Oberviechach in der „Neuen Münchener Zeitung“ vom 6. August 1856: „Der zwölfjährige Häuslerssohn Georg Ringlbauer von Obermurach hat sich vor ungefähr 12 Tagen heimlich vom Hause entfernt und wird sich wahrscheinlich als Bettler herumtreiben. Man ersucht um Spähe auf denselben, um Anherlieferung und fügt bei, dass ihm die vier Finger der linken Hand mangeln.“ Ringlbauer verbrachte seinen Lebensabend im Obermuracher Armenhaus. Das Gewölbe in Hs.-Nr. 30 a wurde 1901/1902 mit Zement und Beton ausgebessert bzw. überschichtet, um es zu erhalten. Der Burgwart Boier wurde 1903 von seinem Nachbarn beschuldigt, die Zerstörung dieses schützenswerten Baurestes zu verursachen, indem er in diesem Gewölbe Holz lagerte bzw. spaltete.

1854 machte die Gemeinde Obermurach auf die Gefahr aufmerksam, welche vom Einstürzen der maroden Mauern an der NO-Seite des Getreidekastens und an der Südseite der Burg ausging. Die Mauern des Getreidekastens stürzten in den oberen Etagen ein, das Erdgeschoss war um 1900 noch besser erhalten. 1862 wandte sich die Lokalarmenpflege Obermurach an die Baubehörde Weiden und an das Königliche Bezirksamt Neunburg mit dem Antrag, die in der Schlossruine befindlichen Privatwohnungen sollen vom Staat aufgekauft werden. Diese Wohnungen würden, da sie sehr billig seien fast jährlich ihre Besitzer wechseln und da die Bewohner sich dabei das Heimatrecht erwarben „so würde die Gemeinde so mit Armen und Inwohnern überfüllt, dass sie eine Gefahr für die ganze Gemeinde bildeten“.

Ab 1894 begann die Gemeinde mit den Burgbewohner zwecks Ankauf ihrer Grundstücke zu verhandeln. Nach 1904 war das gesamte vormalige Pflegschloss in Besitz des Staates gekommen. Auch das restliche Areal sollte „im Interesse einer minder kostspieligen Unterhaltung der Burgruine Hausmurach“ an das Staatsärar übergehen. 1914 erwarb die Gemeinde das Haus Nr. 30 d durch einen Grundstückstausch. Die Familie Gradl (Hausname Kaiser) siedelt nach Obermurach Hs.-Nr. 16 um. Bereits im Jahr 1918 waren nur noch drei Häuser (Haus-Nr. 30a, Inhaber Hornung, Haus-Nr. 30 l (später als Hs.-Nr. 30 b bzw. 30 geführt), Inhaber Boier, und Haus-Nr. 30 g Inhaber Seitzer) in Privatbesitz. Bewohnt war nur noch das Haus der Familie Boier, spätere Reitinger. Die vormaligen Burgbewohner waren teils innerhalb von Obermurach, teils auswärts verzogen. (Heldwein auf 30 e nach Penzberg, Hornung von 30 a nach Dietldorf, Boier waren mutmaßlich von 30 b in das 1846 im Burgareal neuerbaute Haus 30 l umgesiedelt, Hofbauer von 30 e mutmaßlich nach Obermurach 6, Ried von 30 d nach Obermurach 18 ½, Kraus nach Schnaittenbach).

Nach dem 1. Weltkrieg wurden die Verkaufsverhandlungen mit den drei verbliebenen Besitzern erneut aufgenommen. Die Ringmauer befand sich in einem desolaten Zustand und sollte erhalten bzw. nach Ankauf der anliegenden Häuser repariert werden. Für 1907 liegen bereits Abrechnungen über Reparaturarbeiten in der Burg vor. Das Haus Nr. 30 g (heutiges Burgwarthäuschen) wurde vom Staat 1918 von den letzten Besitzern Seitzer um 300 Mark käuflich erworben wobei bemerkt wurde, dass sich in diesem Haus ein Tonofen mit schönen erhaltenswerten Kacheln befindet. 1927 stellte der Ortsausschuss München für Jugendalpenwanderungen beim Landbauamt Amberg den Antrag, dieses Haus käuflich oder pachtweise zu erwerben. Eine Veräußerung wurde abgelehnt, die Verpachtung des Hauses unter Umständen eingeräumt. Bekannterweise ist eine Errichtung einer Jugendherberge jedoch nicht zustande gekommen. 1927 berichtet das Landbauamt Amberg, dass „Fräulein Boier“ aus dem Nachbarhaus hier einige Möbelstücke eingelagert hatte. In diesem Haus wurde 1937 eine Flugwache eingerichtet.  Das Haus verfiel zusehends, bis es in den 1970er Jahren grundlegend renoviert wurde.

Das Haus Nr. 30 f (gleich nach dem Tor links gelegen) wurde zuletzt bewohnt von Christian Hornung. Bei der Bezirksamtlichen Visitation 1910 wurde die Gemeinde Obermurach aufgefordert, für eine Reparatur des Dachstuhls zu sorgen. Die Gemeinde antwortete, „er (Hornung) lässt denselben auch nicht reparieren, weil er nicht allein Eigentümer von bezeichnetem Anwesen ist. Es sind nämlich hiezu die von Albang Xaver hinterlassenen Erben Eigentümer hievon“. Das Landbauamt Amberg berichtet in einem Schreiben von 1922 über Verkaufsverhandlungen mit der letzten Besitzerin Margarete Hornung.  Diese verlangte einen „Kaufpreis von mindestens 3000 Mark, also einen sehr hohen Preis für ein ehemaliges Häuschen, das nur noch Ruine ist und keinem praktischen Zweck mehr dienen kann“. Die Verhandlungen führten 1924 schließlich doch zum Verkauf an den Staat.

Die zuständige Behörde unternahm 1922 auch den Versuch, die die Burg umgebenden Grundstücke käuflich zu erwerben. Die Familien Hartinger und Pronold erklärten jedoch, ihre Grundstücke nicht verkaufen zu wollen. Es wurden aber Schutzbestimmungen zur Erhaltung des Landschaftsbildes in der Ruinen-Umgebung erlassen mit dem Inhalt, dass an der Berghalde jeder Eingriff durch Bebauung, Anpflanzung, Weganlagen, Abfuhr von Steinen, Steinbrüche, Sprengungen oder industrielle Anlagen verboten sind.

Das Haus Nr. 30 l (auch 30 b, zuletzt 30) wurde als letztes innerhalb der Burg bewohnt. Die Behörden hatten etwa ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erkannt, dass sich die Burg als Ausflugsziel für Fremde nutzen ließ. Ab ca. 1880 war Georg Boier von Hs.-Nr. 30 l als Burgwart eingesetzt, der auch Besucher durch die Burg führte. In einer Bittschrift wandte dieser sich 1912 an den Prinzregenten Luitpold. Er schrieb: „Ich bin jetzt 67 Jahre alt, Taglöhner von Beruf, und versehe schon 35 Jahre lang nebenbei den Dienst eines Turmwarts der königlichen Burgruine Obermurach und zwar bis zu Jahre 1895 mit einer jährlichen Honorierung von 5 Mark und seit 1895 mit einer solchen von 15 Mark jährlich. (...) Es ist mir allerdings vom königl. Landbauamte Amberg genehmigt worden, dass ich für die Führung der Besucher dieses Aussichtsturms ein angemessenes Trinkgeld vom 20 Pfennig pro Person erheben darf, aber nachdem heuer durch die nasse regenreiche kalte Witterung der Zugang der Besucher ein geringer war und auch mein Verdienst als Taglöhner wird mit dem Alter ein kärglicherer und somit ist meine Situation keine günstige.“ Er wolle auch die „an und für sich mit Armenlasten überbürdete heimatgemeindliche Armenpflege nicht belästigen“ und bat um Erhöhung des Honorars. Er verbleibe im täglichen dankbaren Gebete in allertiefster Ehrfurcht Ehrw. Königl. Hoheit allerunterthänigst treugehorsam dankschuldiger Diener.

Sein Antrag hatte anscheinend Erfolg, denn 1916 berichtete er in einer weiteren Eingabe, dass seine Entschädigung auf 20 Mark erhöht wurde. Abermals suchte er nach einer Aufbesserung nach, da aufgrund des damaligen 1. Weltkriegs keine Besucher kämen und das Leben so teuer geworden sei.

1921 verhandelte das Landbauamt Amberg mit seiner Witwe Theresia Boier wegen käuflicher Überlassung ihres Anwesens. Dafür wurden erst 500 Mark geboten, die Witwe verlangte nun aber 5000 Mark Entschädigung und ein lebenslanges Wohnrecht sowie eine weitere Erhöhung der Burgwartsvergütung. Diese Forderung erschien den Behörden unverhältnismäßig hoch, wenn auch der geringe Geldwert mit angeschlagen wurde. Man hoffte schließlich, die Angelegenheit würde sich von selbst regeln. Die Söhne des Ehepaars Boier waren im Krieg gefallen und die einzige Tochter Betty hielt sich zu dieser Zeit nicht in Obermurach auf. In einer Stellungnahme heißt es „Das Häuschen ist vielleicht später billiger zu haben. Mit einer langen Lebensdauer ist weder bei der alten Hütte, noch bei der betagten Besitzerin mehr zu rechnen“.

1924 wurde zwischen dem Landbauamt Amberg und der Witwe Therese Boier, bezeichnet als Inwohnerin von Haus No. 30, ein schriftlicher „Vertrag über die Beaufsichtigung und den Schutz der ärarialen Burgruine“ geschlossen. Pro Besucher durfte die Burgwartin je nach Stärke der Besuchergruppe 10 bis 20 Pfennige kassieren, neben einer jährlichen Entschädigung von 20 Goldmark. Zur Entlohnung gehörte auch der Grasertrag von Pl.Nr. 45 sowie der Ertrag von Gemüseanbau und Obstbäumen auf staatlichen Flächen innerhalb der Burg. Sie hat sich allerdings an anderer Stelle darüber beschwert, dass dieses wiederholt von den Schulkindern weggeholt wurde. In diesem Vertrag ist auch ihre Tochter Betty als Stellvertreterin benannt. Diese Tochter, ab 1935 verheiratete Reitinger, übernahm den Burgwartsdienst. Nach dem 2. Weltkrieg waren im Reitingerhaus - wie in den meisten Häusern - auch Flüchtlinge einquartiert, so z.B. eine Familie aus Posen. Diese hatte mit ihren Pferden flüchten können, welche sie gegen Entgelt in Mehl und Speck an die örtlichen Bauern zur Arbeit verliehen. Bei den Reitingers trafen sich auch regelmäßig die Obermuracher Männer zum Schafkopfspielen und geselligen Stunden. Nach dem Tod ihres Ehemannes 1964 zog Frau Reitinger als letzte Bewohnerin der Burg danach zu ihrer Tochter nach Stulln.

Am 11. August 1924 veranstaltete der Verschönerungsverein Oberviechtach und die dortige Studentenschaft ein „Heimat- und Burgfest an der althistorischen Stätte Hausmurach.“ Im Genehmigungsantrag war folgende Ablauf vorgesehen: Der Festakt sollte um 2 Uhr nachmittags bis 9 Uhr abends im Burghof stattfinden. Am Vorabend ist das Abbrennen eines Holzfeuers östlich und westlich des Turmes unter Leitung und ständiger Aufsicht des 2. Bürgermeisters Fröhler von Obermurach geplant. Am Festabend sollen bei Eintritt der Dämmerung Lampions und bengalische Beleuchtung das Burgbild beleben. Von halb 3 bis 6 Uhr nachmittags soll fremden Gästen die kostenlose Besteigung des Turmes ermöglicht werden. Im Festkomitee waren vertreten der Oberamtmann Eisenhofer als Ehrenvorsitzender sowie der Ehrenausschuss bestehend aus den Oberviechtachern Oberamtsrichter Pillmeier, Bezirksarzt Dr. Mützel, Bezirksschulrat Senft, Bürgermeister Thanner, dazu Fabrikbesitzer Hanauer, Steinschleife, Forstmeister Busch, Pullenried, Verwalter Hösl, Winklarn und Bürgermeister Albang, Obermurach. Das Bezirksamt Oberviechtach erließ zu der Veranstaltung eigene bezirkspolizeiliche Vorschriften, die u.a. das Aufstellen von Verkaufsbuden nur einheimischen Gewerbetreibenden genehmigte. Der Turm durfte gleichzeitig von nicht mehr als 15 Personen betreten werden und das Herumklettern auf den Mauerresten und an gefährlichen Stellen wurde verboten. Kindern war das Betreten der Burg nur in Begleitung Erwachsener gestattet.

Eine Wiederholung des Burgfestes gab es am 14./15. August 1927, diesmal auf Einladung des Burgvereins Obermurach. Bei dieser Veranstaltung – nach mündl. Überlieferung auch schon beim Burgfest 1924 - wurde vom Verein „Oberviechtacher Landsmannschaft in München“ ein Theaterstück über Pfarrer von Miller aufgeführt. Hier wirkten insgesamt 60 Personen mit. Der Burgverein Obermurach wurde am 24.07.1927 gegründet und war an den Oberpfälzer Waldverein Weiden angegliedert. Er bestand damals aus 24 Vereinsmitgliedern, 1. Vorstand war Christoph Ringlstetter, 2. Vorstand Wolfgang Pronold, Schriftführer war Dinoys Ringlstetter, Kassier Anton Albang. Weiter gab es noch die Beisitzer Christoph Thanner, Johann Härtl, Josef Fröhler und Georg Wild. Erklärter Vereinszweck war die Burg zu verschönern und den Gemeindezusammenhalt zu fördern und zu unterstützen. Der Verein bestand bis in die 1930er Jahre.

Besucher wurden bis in die 1960er Jahre auch von Johann Wild sen. durch die Burg geführt. Im Oktober 1968 übernahm die Familie Karl und Elfriede Senft (Obermurach 58) den Burgwartsdienst. Seit dem Tod von Karl Senft 2014 versehen sein Sohn Manfred mit Ehefrau Helga diese Aufgabe.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass die Burg und der Burgberg für Generationen von Kindern und Jugendlichen ein beliebter Aufenthaltsort war zum Spielen und Klettern, zum Treffen mit Gleichaltrigen, zum Lagerfeuer machen, zum Schulausflug und auch so manche Romanze nahm dort ihren Anfang. Der Zugang wurde allerdings um 1970 mit einem rekonstruierten Tor verschlossen.

Die Idee, ein Burgfest zu veranstalten, wurde im Jahr 1976 wieder aufgegriffen. Seit dieser Zeit wird alljährlich im August von der Dorfgemeinschaft bzw. der Feuerwehr Obermurach das Hausener Burgfest veranstaltet.

Verfasserin: H. Pamler

Quellen:

StAAm Amt Murach Briefprotokolle 96

StAAm Amt Murach 204

Schießl „Die Pfarrei Oberviechtach“

StAAm Bezirksamt Oberviechtach 960

StAAm Landbauamt Amberg 694

   
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